Wie versetzen wir das Führungstteam eines Großbauprojekts in Russland in die Lage, Eigenverantwortung zu übernehmen und den Projektleiter weitestgehend zu entlasten, damit dieser seine eigentlichen Aufgaben erfüllen kann?
Auf der Freifläche eines Werksgeländes wird ein Stahlwerk mit Schmelzofen und Stranggussanlage gebaut. Der Betreiber stellt ein verantwortliches Team zur Errichtung zusammen. Kommunikation auf der Baustelle und Errichtung der Bauwerke verlaufen mit großen Schwierigkeiten. Der Betreiber lässt Führungskräfte als Projektmanager von einem deutschen Unternehmen ausbilden. Zum Transfer der theoretischen Kenntnisse des Projektmanagements in den praktischen Baustellenbetrieb unterstützen deutsche Coaches die russischen Führungskräfte in ihrer verantwortungsvollen Arbeit.
Zur Verwaltung des Großprojektes soll ein Projectmanagementoffice (PMO) etabliert werden. Dies lehnt der Betreiber ab. Die Verwaltung der Risiken, des Zeitplans, der Planänderungen und der Kosten obliegt allein dem Projektmanager. Aus diesen Vorgaben ergab sich das Ziel, durch Team-Coaching des Projektmanagers und der Mitarbeiter, die für Lieferanten und deren Leistungsüberwachung verantwortlich waren, diese in die Lage zu versetzen, den Projektmanager in seinen vielfältigen Verwaltungsaufgaben durch eigenverantwortliches Handeln zu entlasten.
Meine Aufgabe bestand darin, die für Lieferanten und Leistungsüberwachung zuständigen Mitarbeiter in den Grundzügen des Projektmanagements auszubilden. Durch Coachingmaßnahmen wurden auf die persönlichen Fähigkeiten des jeweiligen Mitarbeiters abgestimmte Grundlagen des Projektmanagements vermittelt. Der Umfang wurde auf den jeweiligen Verantwortungsbereich und die fehlenden Fähigkeiten des Mitarbeiters beschränkt. Die Coaching-Gespräche wurden mit Dolmetschern geführt. Vor diesem Hintergrund war es eine Herausforderung, mit genügend Wertschätzung und Anerkennung zu kommunizieren. Für mich war es nicht überprüfbar, ob die russische Übersetzung alle notwendigen Bedeutungen und Interpretationen des gesprochenen Wortes berücksichtigte. Einzig die Stimmung, Duktus und Körpersprache während des Coachings waren Einflussgrößen, die ungefiltert beim Coachee ankamen.
Darüber hinaus oblag es mir aufgrund des hohen Termindrucks, in Zusammenarbeit mit der Projektleitung auch Micro-Management und Troubleshooting zu betreiben, um prekäre Terminsituationen zu bereinigen. Diese Aufgaben konnten die dafür verantwortlichen Mitarbeiter mangels Kenntnissen und Erkenntnis zum damaligen Zeitpunkt noch nicht leisten.
Bei der Arbeit mit den russischen Fachkräften habe ich eine Vielzahl Erkenntnisse gewonnen, die mir beim späteren Einsatz in weiteren Projekten russischer Auftraggeber sehr hilfreich waren. Denn dieser Coachingauftrag hat mir Einblicke in die Besonderheiten der russischen Kultur, Stimmung und Lebensart verschafft. Ich brauchte ein hohes Maß an Kreativität, um Mitarbeiter zum selbstverantwortlichen Handeln zu motivieren. Kernpunkte waren dabei stets: